Generationenprojekt. Feuerprobe. Mammutaufgabe. Die Herausforderung Klimawandel hat schon viele Namen erhalten. Vom Verschleiss fossiler Ressourcen hin zu erneuerbaren Energien. Von massiven Netto-Treibhausgasemissionen hin zur Klimaneutralität bis 2050. Das Energiesystem ist in einem grossen Wandel.

Doch ist nachhaltiger Umgang mit Energie eine Weltneuheit? Nein, die Natur setzt schon seit jeher auf dieses Prinzip. Bäume stellen ihre Lebensenergie mithilfe von Sonne, Wasser und CO2 bereit. Was sie nicht umgehend benötigen, speichern sie als Kraftstoff – nämlich Traubenzucker – ab. Und ihre «Abgase» könnten nützlicher nicht sein: Wasserdampf, der die Wolkenbildung ermöglicht, Sauerstoff, der uns alle atmen lässt. Eben eine Kreislaufwirtschaft statt einer Einbahnstrasse. Die Natur als ewige Meisterin – an der wir uns orientieren sollten.

Immerhin haben wir sprichwörtlich «den Blitz gezähmt». Die Rede ist von der Elektrizität. Strom schält sich hier und heute als Schlüssel heraus, um der Herausforderung Klimawandel zu begegnen. Elektrifizierung kann einen Mammutbeitrag leisten, um das Energiesystem zu dekarbonisieren. Fahrzeuge, die erneuerbaren Strom statt Benzin und Diesel tanken. Wärmepumpen, die unsere alten Öl- und Gasheizungen ablösen. In der Schweiz setzen wir dank der Wasserkraft schon lange auf klimafreundliche Elektrizität. Von 100 % erneuerbarer Stromproduktion sind wir aber noch weit entfernt.

Was bringt die Schweiz auf eine klimafreundliche Zielgerade? Wie schaffen wir die Elektrifizierung unserer Energiewirtschaft? Nach dem unerfreulichen Nein zum CO2-Gesetz ist es jetzt enorm wichtig, eine Politik der steten, entschiedenen und wirksamen Schritte zu verfolgen.

Der Ausbau der Erneuerbaren – und zwar vieler Erneuerbarer in einem breiten Mix – muss zügig voranschreiten. Diese Anlagen müssen heute gebaut und ausgebaut werden, damit sie morgen unsere Versorgungssicherheit garantieren. Für die Planungs- und Investitionssicherheit ist ein verlässliches, absehbares Vorgehen zur Abwägung zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen unerlässlich. Wir haben Ja gesagt zur Energiestrategie 2050 – sagen wir nun Ja zu ihrer Umsetzung, erst recht nach dem geplatzten Rahmenabkommen. Wir brauchen weniger Hürden, schnellere Verfahren und mehr Akzeptanz für Erneuerbare und Netzprojekte. Die Revisionen des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes (EnG, StromVG) werden wichtige Weichen für ein zukunftssicheres Energiesystem stellen. Aber: Der Markt allein richtet es noch nicht. Ergänzend zum Grosshandelsmarkt braucht es Anreize für Investitionen in die langfristige Versorgungssicherheit. Förderung ist der pragmatische Weg dafür. Den Fokus müssen wir dabei auf die Produktion im Winter legen, denn dann fehlt uns der erneuerbare Strom am meisten. Wenn auch noch ein tragfähiges und modernes Stromnetz da ist, rücken die Klimaziele in greifbare Nähe.

Die «klimafreundliche Schweiz» ist ein Grossprojekt. Strom ist ein zentraler Schlüssel, um es zu bewältigen. Die Strombranche ist in der «Pole Position». Doch jetzt müssen die Startflaggen
fallen.

Michael Frank
Direktor Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE

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