Netto null graue Treibhausgasemissionen bis 2050

Laut Forschung und Medien stecken wir in mehreren Krisen: Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Wohnungsnot, Dichtestress, Energiekrise und Energieabhängigkeit. Diese Krisen sind eng mit dem Bauen verbunden.

Der Grossteil der Gebäude in der Schweiz wird immer noch mit fossilen Energien betrieben (Stichwort Heizen). Dazu konsumiert jede Schweizerin und jeder Schweizer knapp 50 m2 Wohnfläche im Durchschnitt und es wird davon ausgegangen, dass die Schweiz bis 2050 einer zusätzlichen Million Menschen ein Dach über dem Kopf bieten muss.

Herausforderung neuer Wohnraum

Das Raumplanungsgesetz verbietet das Bauen auf der grünen Wiese. Stattdessen müssen bestehende Siedlungen entwickelt werden, indem Baulücken gefüllt, Siedlungen verdichtet und Industriebrachen umgenutzt werden. Zudem steigt der Stromverbrauch durch die Zunahme von Wärmepumpen, Elektrofahrzeugen und immer mehr elektrischer Geräte.

Langfristige Klimastrategie

Aufgrund des Pariser Übereinkommens 2015 hat die Schweiz das Ziel, bis 2050 netto null Treibhausgasemissionen zu erreichen. Der Gebäudebereich ist mehrfach betroffen:

• Gebäude dürfen keine klimaschädlichen Emissionen ausstossen (Scope 1), 

• die Wärme- und Stromversorgung muss weitgehend klimafreundlich sein (Scope 2),

• die Herstellung von Baustoffen (Scope 3) muss deutlich weniger Treibhausgase verursachen. 

Strategien zu klimafreundlicheren Gebäuden

Metalle und Beton führen die Liste der meistverwendeten Materialien und der Emissionen an. Holz ist ebenfalls nicht so ökologisch wie vermutet, da das im Wachstum der Bäume gespeicherte CO2 bei der Entsorgung des Holzes mit Verzögerung wieder freigesetzt wird. Es gibt verschiedene Strategien, um die Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich zu reduzieren und gleichzeitig mehr Wohnraum zu schaffen:

• Austausch von bestehenden Heizungssystemen durch erneuerbare Energien, in Kombination mit energetischer Gebäudehüllesanierung

• Der Strommix muss bis 2050 zu 100 % aus erneuerbaren Energien bestehen. Hier können Photovoltaikanlagen auf und an den Gebäuden einen wichtigen Beitrag leisten.

• Die Sanierung und Erweiterung bestehender Gebäude mit ökologischeren Materialien wie Holz, wiederverwendbaren Bauteilen, Lehm und Stroh haben einen positiven Effekt.

• Neubauten sollten nur noch in Ausnahmefällen erlaubt sein, mit klaren, strengen Vorgaben für graue Treibhausgasemissionen.

• Die ökologischste und kostengünstigste Option wäre eine Reduzierung des Flächenbedarfs pro Person, indem die zusätzliche Million Bewohner/-innen in bestehenden Wohnraum integriert würde.

Wie weiter?

Es besteht eine Vielzahl von Lösungen für einen klimaneutralen Betrieb von Gebäuden. Es fehlen jedoch noch Lösungen für eine klimaneutrale Erstellung resp. Sanierung von Gebäuden. Diese Herausforderung muss in den nächsten Jahren angegangen und gelöst werden, da ansonsten ein Bau-Moratorium Realität werden könnte.

Autor

Prof. Daniel Kellenberger ist seit 2022 an der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW als Professor für nachhaltiges Bauen und Ökobilanzierung tätig.

Illustrationsbild: istockphoto.com/Bilanol
Autorenfoto: Julian Salinas