Jedes Jahr produzieren wir in der Schweiz pro Person über 700 kg Abfall (Siedlungsabfall). Mit dieser Abfallmenge pro Kopf gehört die Schweiz zu den Spitzenreitern in Europa – eine unrühmliche Auszeichnung und die dunkle Kehrseite des hiesigen Wohlstandes. Zwar stieg die Recyclingquote in der Schweiz seit 1970 um den Faktor 12 an, der Anteil an nicht wiederverwertbaren Abfällen blieb jedoch erschreckend konstant. Dies deutet darauf hin, dass der Ressourcenverbrauch der Schweiz nach wie vor sehr hoch ist. Weltweit zeichnet sich mit einem Ressourcenverschleiss von über 90 Mrd. Tonnen ein ähnlich erschreckendes Bild. Manövrieren wir weiter mit business-as-usual, verdoppelt sich dieser Wert bis 2050. Während die Welt jeweils im August ihren Overshoot Day verzeichnet, haben wir in der Schweiz bereits im Mai unser jährliches Ressourcenbudget aufgebraucht. In Anbetracht limitierter Verfügbarkeit von endlichen und erneuerbaren Ressourcen ist dies höchst bedenklich. Eng verwoben mit diesem sichtbaren Desaster ist die schleichende, aber nicht weniger problematische Erhitzung unserer Atmosphäre durch Treibhausgasemissionen. In unserer Forschung zeigt sich immer wieder: Wir können diese tickende Zeitbombe entschärfen. Technisch ist vieles möglich, wenn es kulturell gewollt wird.

Die Lösung finden wir in der Kreislaufwirtschaft (engl. Circular Economy). Sie bietet für Unternehmen eine durchschlagende Möglichkeit technische Innovationen, ökologische Weitsicht und innovative Geschäftsmodelle zu verbinden und so einen gesellschaftlichen Mehrwert zu generieren. Als regeneratives Wirtschaftssystem weiss sie die enormen Mengen an Ressourcen zurückzugewinnen und sie auf deren maximalem Wert zu nutzen. Recycling ist dabei zentral, doch bei Weiten nicht alles. Wir müssen früher starten und das Design von Produkten und Dienstleistungen neu denken, Reparaturen und Wartung vereinfachen, Geschäftsmodelle innovieren, Kunden für zirkuläre Lösungen begeistern und die Wiederverwendung von Produkten oder Teilprodukten massiv erhöhen. Kreislaufwirtschaft kann die Kosten von Unternehmen reduzieren, Mehrwert für Kunden generieren, die Sinnhaftigkeit unternehmerischer Tätigkeit verbessern und einen positiven Effekt auf unsere Umwelt haben. Es steht ausser Frage, dass es dafür auch Institutionen braucht, die mit Anreizen und Regularien unsere ausufernde Ressourcennutzung eindämmen und nachhaltiges Wirtschaften wettbewerbsfähig machen.


Zu den Autoren:

Prof. Dr. Karolin Frankenberger und Fabian Takacs, Institut für Betriebswirtschaft (IfB), Universität St. Gallen (HSG)

Prof. Dr. Karolin Frankenberger und Fabian Takacs, Institut für Betriebswirtschaft (IfB), Universität St. Gallen (HSG)