Bild: Adobe Stock/ Alexander Limbach

Die beste Nachricht zuerst: Die Moleküle des Wasserstoffs enthalten kein einziges Kohlenstoff-Atom. Entsprechend wird bei seiner Nutzung kein Kohlendioxid (CO2) freigesetzt und auch kein anderes klimaaktives Gas. Sein einziges Produkt ist Wasser.

Wasserstoff ist ein Gas, das sich auch als solches speichern lässt. Das dafür notwendige Gasnetz haben viele Länder sogar bereits – es wurde für Erdgas aufgebaut, doch es liesse sich durchaus umrüsten.

Bislang nutzt die chemische Industrie Wasserstoff, der aus Erdgas gewonnen wurde. Und das in beachtlichen Mengen: Der jährliche Wasserstoff-Bedarf der deutschen chemischen Industrie entspricht in etwa dem jährlichen Schweizer Stromverbrauch. Der chemischen Industrie verdanken wir die Rohstoffe für Shampoos, Laminatböden, PET-Flaschen, Lackfarben und so weiter. Auch die Schweizer Pharmaindustrie erhält ihre Rohstoffe unter anderem aus der deutschen chemischen Industrie – und hängt damit ebenfalls am Erdgas.

Die Lösung: Wird Wasserstoff mittels Elektrolyse aus Wasser gewonnen und stammt der dafür benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne, erhält man klimaneutralen, sogenannten grünen Wasserstoff.

Wir nennen Wasserstoff einen Energievektor. Das bedeutet: Er kann sowohl Zwischen- als auch Endprodukt sein.

Ein Zwischenprodukt ist er beispielsweise, wenn er im nächsten Schritt chemisch mit CO2 aus der Luft verbunden wird, um langkettige Kohlenwasserstoffe herzustellen. Dann erhält man synthetische Brennstoffe, mit denen sich Gebäude heizen lassen, oder synthetische Kraftstoffe für den Mobilitätssektor, der aktuell übrigens der grösste CO2-Emittent der Schweiz ist. Am Paul Scherrer Institut PSI haben wir gemeinsam mit unserem Partnerinstitut EMPA die Initiative «SynFuels» gestartet: Wir wollen einen Prozess entwickeln, um Kerosin aus erneuerbaren Ressourcen synthetisch herzustellen. Flugzeugtreibstoffe sind diejenigen mit dem höchsten Brennwert. Gelingt «SynFuels», lassen sich auch alle anderen Kraftstoffe für den Personen-, Güter- oder Schiffsverkehr synthetisieren.

Ein Endprodukt hingegen ist Wasserstoff dann, wenn er in einer Brennstoffzelle genutzt wird, um Strom herzustellen oder ein Fahrzeug anzutreiben. Ersteres kann kurzfristig wichtig sein, um das Stromnetz im Sekunden- oder Minutenbereich zu stabilisieren, es also vor zu hoher oder zu niedriger Last zu bewahren. Dies haben wir in einer Zusammenarbeit mit der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid AG gezeigt. Exakt die gleiche Technologie kann dann auch die langfristigen, also saisonalen Schwankungen ausgleichen, die vor allem mit der Photovoltaik notwendig werden, besonders bei uns im winternebeligen Aargau. Am PSI arbeiten wir schon seit vielen Jahren an Katalysatoren und anderen Komponenten sowohl für Elektrolyseure als auch für Brennstoffzellen. Da die Schweiz aus der Kernenergie aussteigt, müssen knapp 35 Prozent des Strombedarfs hauptsächlich durch Photovoltaik und Windenergie ersetzt werden.

Ebenso arbeiten wir erfolgreich mit der Automobilindustrie zusammen. Fahrzeuge mit Brennstoffzellen-Motoren erreichen eine beachtliche Reichweite, denn ein Liter Wasserstoff enthält drei Mal so viel Energie wie ein Liter Benzin. Tanken lässt sich der Wasserstoff in wenigen Minuten. Das überzeugt die Industrie: Ein Joint Venture aus H2 Mobility Schweiz und Hyundai will bis 2025 ganze 1600 wasserstoffbetriebene Lastwagen auf die Schweizer Strassen bringen.

Kurz gesagt: Grüner Wasserstoff kann ein Schlüsselfaktor für den Klimaschutz sein.

Autor:

Thomas J. Schmidt
Leiter Forschungsbereich Energie und Umwelt am Paul Scherrer Institut