Einer wachsenden Weltbevölkerung mit steigender Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steht eine Welt mit begrenzten Ressourcen gegenüber. Dies rückt uns der Earth Overshoot Day jährlich ins Bewusstsein – der jährliche Tag, an dem die Nachfrage der Menschheit nach ökologischen Ressourcen das übersteigt, was die Erde regenerieren kann. In diesem Jahr fiel er auf den 29. Juli, für die Schweiz sogar auf den 11. Mai. Die Schweizer Bevölkerung hat alle Ressourcen verbraucht, die ihr fürs ganze Jahr 2021 zustünden.

Die industrielle Ökonomie funktioniert weitgehend linear und nicht wie natürliche Ökosysteme zyklisch. Ressourcen werden abgebaut, in Waren und Dienstleistungen umgewandelt, verkauft, genutzt und danach verschrottet. Dieses Wirtschaftsmodell, das die Expansion der Weltwirtschaft seit der industriellen Revolution geprägt und uns den materiellen Wohlstand gebracht hat, stösst heute an seine Grenzen. Dies zeigt sich beispielsweise am Verlust der Biodiversität oder durch den Klimawandel. Wir müssen umdenken und aufhören, unsere Ressourcen zu verschwenden.

Die Natur präsentiert den Lösungsweg eines idealen Kreislaufes – ganz ohne Abfälle. Denn Abfall wird in der Natur automatisch zur Nahrung für einen anderen Organismus. Dieser natürliche Kreislauf ist Vorbild der Kreislaufwirtschaft. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Gestaltung eines Systems, in dem möglichst wenig Ressourcen auf effiziente Art und Weise mit höchstmöglichem Wert in so geschlossenen Kreisläufen wie möglich wiederkehrend genutzt werden. Material- und Energiekreisläufe werden dabei auf drei Arten verändert: verkleinern, verlangsamen, schliessen.

Jedoch ist Kreislaufwirtschaft mehr als eine verbesserte Abfallwirtschaft und betrachtet alle Stufen der Wertschöpfungskette. Sie beinhaltet ein ganzes Bündel an Strategien: wie beispielsweise reduzieren durch Circular Design, wiederverwenden, Refurbishment, Remanufacturing oder auch Sharing-Modelle, leihen statt besitzen, recyclen und neue, innovative Geschäftsmodelle.

Doch wie kann es gelingen, unser lineares Wirtschaftsmodell in Richtung geschlossener Kreisläufe zu verändern? Die grösste Herausforderung liegt vermutlich nicht in der technischen Umsetzung, sondern im gesellschaftlichen Wandel und in einem veränderten Mindset. Die Umstellung erfordert einen kulturellen Paradigmenwechsel. Sie erfordert ein ganz neues Ausmass an Kooperationen und gemeinsamen Lösungsfindungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (von Rohstoffproduzenten, Herstellern und Produktdesignern über den Handel, die Konsumenten und auch bis hin zu den abfallwirtschaftlichen Akteuren). Genau da setzt Circular Economy Switzerland an. Die Bewegung vereint Akteure der Schweizer Kreislaufwirtschaft aus Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung und fördert die Kooperation und den Wissensaustausch quer durch alle Branchen und Bereiche. Mit vereinten Kräften, Wissen und Motivation erreichen wir den Wandel von einem linearen Wirtschaftsmodell hin zu einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft.

Kathrin Fuchs und Nicolai Diamant, Circular Economy Switzerland

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